Finnland bis Nordkap

Die Ausfahrt des Hafens endete in einer Corona-Teststelle durch die alle hindurch mussten. “How many vaccinations do you have?” “Zwei ähhh two!”. Nach Vorzeigen der Corona-App, in der ich die Zertifikate hinterlegt hatte, wünschte mir die freundliche Dame noch einen schönen Tag und gute Reise.

Das mit dem schönen Tag wurde leider nichts, es begann zu regnen. Aber es gibt ja kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung. Einen Fehler, der mir dann nicht mehr passiert ist, machte ich an dem Tag: meine Handschuhe sind “eigentlich” wasserdicht. Sie haben allerdings zwei Öffnungen für die Hände: einmal für warme und trockene Tage, und einmal für kalte und nasse. Ich hatte mich für die warme entschieden, und stellte dann abends fest, daß dann das Wasser über den Ärmel in die andere Öffnung läuft ,und die ist ja wasserdicht und es bleibt dann da drin. Man lernt eben nie aus, ist mir dann aber nicht mehr passiert, wenn es angefangen hat zu regnen, dann anhalten und die Handschuhe anders anziehen.



Nachdem ich Helsinki hinter mir gelassen hatte, lernte ich den Finnischen Verkehr kennen. Das Navi sagt so Sätze wie “in 205 km fahren Sie in den Kreisverkehr ein… ” was meist bedeutet, daß dann für 205 km nichts mehr kam, und es die meiste Zeit geradeaus ging, ab und zu unterbrochen von einer Schotterpiste die links oder rechts von der Straße abzweigte aber sonst nichts.

Sehr wenig Verkehr und auf was man achten sollte, auch sehr wenige Tankstellen. Gut wenn das Moped dann eine gewisse Reichweite hat, ich komme über 400 km mit einer Tankfüllung. Es macht aber Sinn, wenn man eine Tanke sieht gleich wieder voll zu tanken.

Das Wetter wurde leider nicht besser, sondern noch schlechter so, daß ich mir über das Internet (das geht dort verlässlich überall) ein Hostel in dem Ort Jyvaskylä gesucht habe, in dem ich eigentlich auf den Campingplatz wollte. Ich wurde beim Outdoor Hostel Laajis fündig und war froh, ein Dach über dem Kopf zu haben. So konnte ich auch meine Handschuhe wieder trocknen.

In der Küche habe ich mir Abendessen zubereitet. Den Rest des Abends habe ich mit Fernsehen verbracht. Die meisten Filme sind Englisch mit finnischen Untertiteln, was das Anschauen einfach macht. Von der Werbung habe ich allerdings nicht viel verstanden.


Am nächsten Morgen sah das Wetter schon besser aus

Hochseilgarten und Mountainbike-Schlepplift

Die Sonne schien und ich machte mich auf den Weg zur nächsten Station. Wieder ging es meist geradeaus und meist war auch nicht viel los.

Hat man doch mal einen LKW vor sich und wundert sich, warum das Überholen so lange dauert, dann hatte man es mit sowas zu tun:


Leider hatte ich nicht bemerkt, daß sich in das wasserdichte Kameragehäuse etwas Feuchtigkeit eingeschlichen hatte. Da die Kamera auf dem Bordnetz hängt, also ständig geladen wird, wird auch der Akku warm, die Feuchtigkeit verdunstet und ab da sind die Bilder “künstlerisch wertvoll” mit einem Rand aus Nebel.

Manchmal entwickelt mein Navi ein Eigenleben und hat lustige Ideen. Auf dem linken Bild sind wir mal kurz (für 10 km) von der Hauptstraße abgebogen und auf Gras- und Schotterpisten weitergefahren, um dann wieder auf die Hauptstraße zurück zu kehren. Danach war ich wieder wach.


Mittagspause mit Cola und Waffeln

Es hat zwar an dem Tag nicht geregnet, aber dafür hat der Wind so aufgefrischt und wurde vor allem so böig, daß das Motorrad-Fahren ziemlich anspruchsvoll wurde und das Aufbauen eines Zeltes auch nicht ohne gewesen wäre, weshalb ich mir eine Hütte auf dem MERIHELMI CAMPING gemietet habe.

Bis das Essen fertig war, habe ich der Nachbarin, die mit dem Rad unterwegs war, geholfen ihr Zelt aufzubauen, das immer wieder Flugversuche unternahm und von einer Person fast nicht zu bändigen war.

Den Rest des Tages verbrachte ich am Strand des Bottnischen Meerbusens, wie der nördliche Teil der Ostsee genannt wird, schaute den Wellen und den Wolken zu, und las in meinem ebook-Reader, den ich immer dabei habe.



Am nächsten Morgen hatte sich die See beruhigt, der Wind war verschwunden und es versprach ein Fahrtag bei schönem Wetter zu werden.

Wie schon am Vortag ging es die meiste Zeit geradeaus.

Allerdings taucht jetzt immer öfter folgendes Schild auf, dem man eine gewisse Aufmerksamkeit schenken sollte:


Zwei weitere Schilder sind unbedingt zu beachten (leider etwas schwer zu erkennen). Zur Linken der Hinweis auf eine Bodenwelle wie sie fast in allen Ländern eingesetzt wird um die Geschwindigkeit z. B. vor Schulen zu minimieren. Klappt prima, schneller wie Schrittgeschwindigkeit fährt man da nur einmal drüber.

Zur Rechten der Hinweis auf Passbildautomaten an der Strecke die dann auch prompt auftauchen.


Kurz vor Mittag habe ich dann den Polarkreis erreicht und überfahren. Den Polar-Kreis-Zirkus davor habe ich mir gespart, er besteht aus Souvenirläden und Restaurants, und nach beidem hatte ich kein Verlangen.



Das erste Rentier steht ruhig am Straßenrand und schaut spazieren. Diesem sollten noch viele folgen. Das Schild steht also nicht ohne Grund an der Straße. Die teilweise braunen Tiere sind im brauen Gras am Straßenrand fast nicht zuerkennen. Sie verwenden die Straße aber gerne, um von einer in eine andere Wiese zu wechseln (warum auch mühsam durch den Wald stolpern), was bedeutet, daß man entspannt hinter ihnen herfahren darf. Und das können schon mal ein paar Kilometer sein. Meist versucht man sich aber langsam und sehr aufmerksam an ihnen vorbei zu mogeln. Möchte wissen was die fressen, daß sie so tiefenentspannt sind.

Den Tag über ist mir immer eine rote BMW mit einem Fahrer in gelber Jacke begegnet, mal vor mir oder mal hinter mir.

Abends waren wir dann auf dem selben Campingplatz, und da wir uns sofort verstanden sind wir am nächsten Tag zusammen Richtung Nordkap gefahren.


Das Schild mit den 100 ist ja gut gemeint, aber wenn links und rechts solche Kollegen stehen dann ist das nur ein Wunschtraum. Mehr wie Schrittgeschwindigkeit sollte man nicht fahren.

Was mich fasziniert hat: sind andere Fahrzeuge (egal ob PKW oder LKW) dazugekommen, haben alle langsam getan oder sind stehen geblieben. Niemand hat gehupt, sondern alle waren komplett entspannt unterwegs.

Man hat auch immer versucht, den entgegenkommenden Verkehr entsprechend auf die Hindernisse aufmerksam zu machen.

Auch etwas, was mir im Norden aufgefallen ist: die Autos fahren langsamer, wenn sie ein Moped hinter sich sehen, damit man besser überholen kann. Schlecht halt, wenn man eigentlich gar nicht überholen will, sondern das Auto als Schutzschild vor den gehörnten Wegelagerern verwenden möchte.


Da auf dem Campingplatz URUNIEMI CAMPING der Preis zwischen einem Zeltplatz (die entweder schräg oder sumpfig waren) nur gering war, habe ich mir eine einfache Hütte gemietet und mich dann mit meinem Reisebegleiter an dessen Hütte mit einem Bier in die Abendsonne gesetzt. So ging ein Tag mit tollem Wetter und einem guten Gespräch zu Ende.


Nachts musste ich nochmal raus auf die Toilette (die einfachen Hütten haben weder Toilette noch Dusche) und habe dabei dieses Bild gemacht. Es war kurz vor Mitternacht.

Vorteil: man braucht keine Taschenlampe

Nachteil: naja, es wird halt ab jetzt nicht mehr richtig dunkel, was zumindest mein Zeitgefühl, doch etwas beeinflusst hat.


Da Stefan schon mal am Nordkap war, fuhr er dann voraus und ich hinterher.

Das Navigieren in Finnland ist eigentlich einfach, da es nicht all zu viele große Straßen gibt, die Richtung Norden führen.

Kurz vor 10 Uhr erreichten wir die Grenze zu Norwegen, wo wir von freundlichen Norwegern kontrolliert wurden. Schlüssel für die Weiterfahrt war wieder die Corona-App mit den hinterlegten Signaturen.

Auf den Tipp von Stefan hin habe ich mir noch die AppSicher Reisen” vom ausländischen Amt installiert. Hier kann man Länder als Favoriten speichern und bekommt Push-Nachrichten, sobald sich an der Lage etwas ändert. Auch kann man darin die aktuellen Vorschriften zur Einreise in ein Land nachlesen.


Norwegen begrüßte uns mit einem Blumenmeer, und was wir beide sofort feststellten, mit schlechteren Straßen.


Auch hier sieht man, daß es Kilometerlang einfach gerade aus geht.





Wir haben es geschafft und sind am nördlichsten Punkt von Europa (der touristisch erschlossen ist) mit den Motorrädern angekommen. Und es war nicht mal viel los. Ein paar Wohnmobile, ein paar Biker und Radler, und das war es. Ich dachte eigentlich, da sei mehr Betrieb. Vermutlich hat auch hier Corona seine Spuren hinterlassen.





Nachdem wir alles gesehen hatten und uns mit Aufkleber (und ich mit einem Stofftier für meine Tochter) eingedeckt hatten sind wir zurück auf den Campingplatz Midtnattsol gefahren und haben dort den Tag auf der Terrasse des Hauptgebäudes mit einem Abendessen (das einzige Mal daß ich auf der Tour essen war, sonst habe ich mir immer was gekocht) ausklingen lassen.

Wir haben es geschafft, auf zwei Rädern hierher zu fahren!


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